Georgische Naturgötter
Vorchristliche Mythen und Kulte im Kaukasus
Im Kaukasus sind unzählige alte mythologische Vorstellungen überliefert, die in eine Zeit zurückreichen, aus der es keine schriftlichen Zeugnisse gibt, sodass sich eine vorchristliche Religion nur bruchstückhaft erschließen lässt. Archäologische Zeugnisse, wie eine Bronzescheiben mit Zeichen für die umlaufende Sonne aus dem 2. Jahrtausends v. Chr. verweisen auf den Sonnenkult in Georgien.
Der griechische Sonnengott war Helios. Sein Sohn Aietes - so heißt es in der griechischen Mythologie - war der König von Kolchis. Kolchis war ein historisches Königreich in Westgeorgien und zugleich ein mythisches Reich in der griechischen Argonautensage.
Ein anderer griechischer Mythos, der auf vorhomerische Zeit zurückgeht, handelt vom Helden Amirani - eine Analogie zu Prometheus. Amirani ist der Sohn von Dali, einer kaukasischen Jagdgöttin, und einem menschlichen Jäger. Wie Prometheus brachte Amirani den Menschen das Feuer (indem er Kamar, die schöne Tochter des Himmelsgottes und Symbol des himmlischen Feuers, entführte), lehrte den Menschen als Zivilisationsbringer den Gebrauch von Metall und wurde zur Bestrafung an einen Felsen im Kaukasusgebirge geschmiedet.
Darüber hinaus gab es zahlreiche Naturgötter, die vor allem in den Bergregionen (Tuschetien, Chewsuretien, Swanetien) noch immer einen festen Platz in der georgischen Folklore haben.
Der Nationalglaube in Europa, im Norden noch viel mehr als im Süden, war pantheistisch, seine Mysterien und Symbole bezogen sich auf einen Naturdienst, in jedem Elemente verehrte man wunderbare Wesen, in jedem Baume atmete eine Gottheit, die ganze Erscheinungswelt war durchgöttert; das Christentum verkehrte diese Ansicht, und an die Stelle einer durchgötterten Natur trat eine durchteufelte.
Heinrich Heine
Elia Lazare - Wettergottheit
Lazare ist eine georgische heidnische Wetter- und Agrargottheit und nicht zu verwechseln mit dem Lazarus des Evangeliums.
Elia taucht als zweiter Name von Lazare auf, war aber vermutlich eine eigene Gottheit. Der sowohl der Name, als auch die Legenden weisen Parallelen zum griechischen Sonnengott Helios und der alttestamentarischen Figur des Propheten Elias (10. Jh.) auf:
Der Legende nach hatte der Vater des Propheten Elias eine Vision, in der sanftmütige Männer mit dem Kind sprachen, ihn in Feuer wickelten und mit feurigen Flammen säugten. Am Ende seines Lebens wurde Elias von einem feurigen Wagen mit feurigen Rossen in einem Sturmwind in den Himmel gefahren - etwas, das keinem anderen Propheten oder Heiligen zuteilgeworden ist.
Auch Medea von Kolchis wurde von einem feurigen Wagen in den Himmel geholt - von Ihrem Großvater, dem Sonnengott Helios.
In der abendländischen Folklore ist die Tradition des Elias mit der Vorstellung verbunden, dass er der Meister der Elemente und Herr über Sommergewitter und Donner ist:
Wenn sich im Sommer der Himmel verfinstert, bereitet sich der Heilige Elias auf einen Spaziergang durch seine Himmelgemächer vor. Er spannt zwei Schimmel vor seine Kutsche und fährt los. Die ersten Hufschläge hören sich auf der Erde wie leise Donner an, die das starke Unwetter mit Blitzen, rollenden Donnern und Hagelschauern ankündigen.
Legende "Der Heilige Elias"
Noch heute gibt es Regengesänge in den ländlichen Regionen an die Wettergottheit Elias-Lazare:
"Lazare, bring uns Regen, wir opfern dir ein weißes Zicklein."
Barbale - Sonnengöttin
Barbale, Barbol auch Barbare ist eine Sonnengottheit und Göttin der Fruchtbarkeit.
In der georgischen Mythologie ist Barbale eine Göttin der Sonne und Fruchtbarkeit. Nach volkstümlichen Überlieferungen sorgt sie für reiche Ernten sowie Fruchtbarkeit sowohl bei den Menschen als auch bei ihrem Vieh. Viele Feiern und Rituale waren ihr gewidmet. Man glaubte, dass Barbale verschiedene Krankheiten heilen konnte, jedoch gleichzeitig Leid, Härten und den Tod über diejenigen bringen konnte, die ihr missfielen.
Barbare ist die Herrscherin der Batonebi, der so bezeichneten "Herrschaften".
Batonebi - die "Herrschaften"
Batonebi ist der gebräuchliche volkstümliche Name für ansteckende (Kinder-) Krankheiten wie Masern, Windpocken, Scharlach und Röteln. Basierend auf alten religiösen Überzeugungen waren die Batonebi kleine übernatürliche Wesen, die bei ihren Besuchen in Dörfern eine Familie auswählten, der sie die Krankheit bringen würden.
Oh, Herren, helfen Sie, erbarmen Sie sich, oh Herren. Wunderschöne Herren, geschmückt mit Veilchen und Rosen. – Weiße Schafe und eine Ziegenherde, ein Lamm kam angesprungen. Den Herren gefiel das, und als sie sich abwandten, verließen sie uns.
Georgisches Heilungslied
Man bezeichnete sie als "Herrschaften" und glaubte fest daran, dass sie Musik, Tanz, Blumen und süße Leckereien mochten. Wenn man ihren Bedürfnissen und Wünschen nachkam, würde die Krankheit schnell und schmerzlos vorübergehen. Es durfte nicht laut oder unfreundlich gesprochen werden. Die Familie spielte auf der Panduri (georgisches Saiteninstrument), legte Süßigkeiten auf den Tisch, sang Lieder und führte Tänze auf, um die Batonebi zu unterhalten.
Lile - Sonnengottheit
Lile ist eine vorchristliche Sonnengottheit, die in der Bergregion Swanetien verehrt wurde. Mehrere swanische Lieder beginnen mit den Worten: "Oh Große Weiße Sonne!"
Ethnologen vermuten eine mögliche Verbindung zum Sonnenkult der Sumerer. Lile könnte eine Entsprechung des sumerischen Wettergottes Enlil sein, dem Gott des Sturms und der Luft. Neben sprachlichen Parallelen fallen auch die swanischen Dorfnamen Laghami und Laghamula auf, die an den sumerischen Wassergott Lakhamu erinnern.
Dali - Göttin der Jagd
Dali oder Dæl ist in der swanischen Mythologie eine Göttin der Jagd und der Wildnis. Den Legenden zufolge ist sie die Beschützerin der wilden Herden, insbesondere der gehörnten Tiere. Diese Göttin wurde in der Hochgebirgsregion verehrt, besonders in Swanetien im Nordwesten Georgiens. Dem Volksglauben nach hatte Dali die Gestalt einer Frau von außerordentlicher Schönheit mit langem, goldenem Haar und strahlend weißer Haut (wörtlich strahlend: sie soll im Dunkeln leuchten). und lebte auf einer Klippe, von der ihr goldenes Haar herabfloss.
Sie lebt hoch in den Bergen, normalerweise außerhalb der Reichweite der Menschen. Ihr Zuhause ist eine Höhle, und tagsüber wacht sie über die Herden wilder Tiere unter ihrem Schutz, wie ein menschlicher Hirte über Schafe oder Ziegen wachen würde. Gleichzeitig zögert sie nicht, Tiere aus ihrer Herde mit Jägern zu teilen, solange bestimmte Bedingungen und Tabus respektiert werden. Jäger dürfen nicht mehr Steinböcke töten, als sie ins Dorf zurücktragen können, und sie dürfen nicht auf speziell markierte Tiere zielen, von denen man glaubt, dass sie eine Verwandlung der Göttin sind (zum Beispiel ein Steinbock mit goldenen Hörnern).
Wenn die Jagd erfolgreich war, müssen bestimmte Körperteile des getöteten Tieres Dali als Dankopfer dargebracht werden. Sie reagiert besonders empfindlich auf Verletzungen der Reinheit der Berge, was Verschmutzung durch das Menstruationsblut von Frauen bedeutet. Ein Mann darf zum Beispiel nicht auf die Jagd gehen, wenn eine Frau in seinem Haushalt gerade gebärt oder ihre Monatsblutung hat. Die Strafe für Verstöße gegen die von Dali auferlegten Bedingungen reicht vom Mangel an Jagderfolg bis zum tödlichen Sturz von einer Klippe. (Quelle)
Dali hatte auch die Fähigkeit zur Gestaltwandlung und konnte als Tier oder Vogel erscheinen. Wenn ein Jäger seine Liebe zu ihr gestand, gewährte sie ihm Hilfe, solange er die Liebesaffäre geheim hielt. Bei Verletzung dieses Versprechens kam der Jäger ums Leben. Der Halbgott Amirani gilt als der Sohn von Dali und einem unbekannten Jäger.
Tetri Giorgi - Mondgottheit
Tetri Giorgi - der Weiße Georg - ist eine Mondgottheit, die in die christliche Figur des Hlg. Georg übergegangen ist. In der ostgeorgischen Region Kachetien gibt aber noch immer Kirchen, die dem "Weißer Georg" geweiht sind.
Mondkulte müssen eine wichtige Bedeutung in Georgien gehabt haben. Die vier ersten Buchstaben des altgeorgischen Alphabets "Asomtawruli" zeigen die vier Mondphasen, mit dem ersten Buchstaben als Sichel und derm vierten Buchstaben als geschlossener Vollmond:
Devi - Gehörnte Teufel
Im Jahr 337, führte Georgien als zweites Land offiziell das Christentum ein. Im Zuge der Christianisierung Georgiens verschmolzen die heidnischen Gottheiten mit Personen des Christentums, die alten Kulte bestanden neben der neuen Religion weiter.
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