Mosaike in Georgien
Die farbenprächtigen Mosaiken aus der Zeit der Sowjetunion sind ein untrennbarer Bestandteil unseres alltäglichen Lebens in Georgien. Wir bemerken sie heute nicht einmal mehr oder vernachlässigen sie, indem wir diese Kunstwerke respektlos mit Werbung überkleben.
Nini Palavandishvili, Expertin für Sowjet-Architektur, 2018
Mosaike der Sowjetzeit
Ein besonderes Kapitel innerhalb der sowjetischen Kunst nehmen die Mosaike ein, die ab den 1930ern zur Verbreitung der kommunistischen Propaganda geschaffen wurden. Während in den Hauptstädten Mosaike im Stil des sozialistischen Realismus entstanden, finden sich in den von der Zentralregiorung entfernten Sowjetrepubliken, wie Georgien auch viele nationale und folkloristische Motive.
Lange Zeit wurden die Mosaike kaum beachtet und erst aufgrund ihres langsamen Verschwindens wurden Kunstexperten aufmerksam und begannen die Mosaike zu systematisieren und versuchten, sie einzelnen Künstlern zuzuordnen.
Das ist bis heute nur sehr vereinzelt möglich, da im Zusammenhang mit den Gesetzen zur Entkommunisierung alles "Sowjetische" grundsätzlich abgelehnt wurde. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe der Sowjet Epoche gab es lange nicht.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fiel dieser Bereich der Baukunst in Georgien der kompletten Vernachlässsigung anheim. Bestehende Kunstwerke wurden demontiert, gestohlen oder sie verfielen einfach.
Nini Palavandishvili
Hinzu kam, dass die Aufträge zentral an Mosaik-Werkstätten vergeben wurden, in denen verschiedene Künstler arbeiteten, ohne dass dies als künstlerische Arbeit von Bedeutung angesehen und dokumentiert wurde. Dennoch waren an den Mosaiken die herausragendsten Künstler jener Zeit beteiligt und es entstanden oft an unscheinbaren Plätzen aufwändige Mosaikarbeiten von großer Originalität und Vielfältigkeit.
Sowjetische Propaganda
Grundmotive der sowjetischen Mosaik-Kunst waren Szenen aus der Arbeitswelt und von der Beherrschung von Wissenschaft und Technik zusammen mit Huldigungen von Familie, Sport und Wissenschaft.
Sie erzählen die Geschichte des großen Traums von einer gerechten Gesellschaft, in der den neuen, sozialistischen Menschen nichts unmöglich ist.
Katja Koch & Aram Galstyan, Mosaike - Bruchstücke der sowjetischen Utopie, 2019
Bushaltestellen mit Folklore- und Märchenmotiven
Besonders schön sind in Georgien die Mosaike mit folkloristischen Motiven (singende Reiter, Menschen in ihrer Nationaltracht) sowie Motiven aus dem Nationalepos von Schota Rustaweli, wie z.b. an einer Bushaltestelle in Zichisdsiri.
Sowjetisches Denkmal an der Georgischen Heerstraße
Das bekannteste Mosaik in Georgien ist eine riesige Aussichtsplattform an der Georgischen Heerstraße in der Nähe von Gudauri.
Das Denkmal entstand anlässlich des 200. Jahrestags des Vertrags von Georgijewsk und als "Lob an die Freundschaft von Russland un Georgien", was bis heute für hitzige Diskussionen sorgt. Entgegen üblicher Tradition wurden die beiden Nationen als Gleichberechtigte dargestellt, mit Motiven aus der jeweils eigenen Sagenwelt und Folklore.
Mosaike von Zerstörung bedroht
Bis heute haben die Sowjetischen Mosaike in Georgien nicht den Status eines Kulturguts und stehen nicht unter Denkmalschutz. Das führt dazu, dass die Mosaike verfallen, kaum restauriert oder gar gedankenlos zerstört werden.
So wurde beispielsweise das "Mädchen mit den Tauben", eines der schönsten Wandmosaike in Tbilissi, dessen Künstler leider unbekannt ist, in einer unangekündigten Bauaktion von seinem Eigentümer zur Hälfte abgerissen, um an seiner Stelle eine Türe mit Geländer in die Wand einzubauen.
Stadtführung Sowjetische Mosaike
Wir bieten Stadtführungen speziell zum Thema Mosaike der Sowjetzeit in Georgien. Die Touren sind deutschsprachig und werden geführt von Nini Palavandishvili, Autorin des Mosaik-Führers zu Georgien und Expertin für Architektur aus der Sowjetzeit.
NINI PALAVANDISHVILI
Baubezogene Kunst Georgien
Mosaiken der Sowjetmoderne 1960 bis 1990
280 Seiten, 350 farbige Abbildungen
ISBN 978-3-86922-692-7
DOM Publishers, 2018
ARAM GALSYAN, KATJA KOCH
Mosaiki - Bruchstücke einer Utopie
Mosaiken im postsowjetischen Raum
288 Seiten, 510 Abbildungen
ISBN 978-3-86732-3000-0-692-7
Lukas Verlag, 2019
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